Von zentraler Bedeutung für die Konzeption von Investmentvermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, die bei der Übertragung von Aufgaben einer Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) auf ein anderes Unternehmen Anwendung finden. Die Neuregelung in § 36 KAGB stellt Anbieter von Alternativen Investmentsfonds (AIF) vor verschiedene Fragestellungen, die bei der Aufsetzung neuer Strukturen (und bestehender Strukturen) zu beachten sind. Dabei enthalten die gesetzlichen Regelungen teilweise Begriffe, die Spielraum für Interpretationen zulassen.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat nun zur Struktur des § 36 KAGB sowie zu den wichtigsten Einzelfragen in den neuen FAQs „Häufige Fragen zum Thema Auslagerung gemäß § 36 KAGB“ vom 10. Juli 2013 (die „FAQs“) Stellung genommen (http://www.bafin.de/Shared Docs/Veroeffentlichungen/DE/FAQ/faq_kagb_36_ auslagerung_130710.html).
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Die Grundstruktur der Neuregelung des § 36 KAGB
§ 36 Abs. 1 KAGB enthält die grundlegenden Voraussetzungen, die für die Zulässigkeit einer Auslagerung auf ein anderes Unternehmen zu beachten sind. Der für die KVG tätige Service Provider wird als Auslagerungsunternehmen bezeichnet. Erforderlich sind demnach u. a.
- Objektive Gründe, die die Auslagerung rechtfertigen;
- Ausreichende Ressourcen des Service Providers;
- Eignung und ausreichende Erfahrung der Geschäftsleitung des Service Providers;
- Zusammenarbeit der zuständigen Aufsichtsbehörden, falls Service Provider mit Sitz in Drittstaat;
- Möglichkeiten zur Beaufsichtigung der KVG darf nicht beeinträchtigt werden; • Nachweis, dass der Service Provider sorgfältig ausgewählt wurde, über erforderliche Qualifikation verfügt und tatsächlich in der Lage ist, die Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen;
- Effektive Überwachung des Service Providers durch die KVG (insbesondere Weisungs- und Kündigungsrechte);
- Laufende Überprüfung der erbrachten Leistungen durch die KVG;
- Genehmigung durch BaFin, falls Auslagerung Portfolioverwaltung oder Risikomanagement an Unternehmen, welches nicht für Vermögensverwaltung oder Finanzportfolioverwaltung zugelassen oder registriert ist.
§ 36 Abs. 2 KAGB statuiert eine Anzeigepflicht gegenüber der BaFin.
Weiter sind gemäß § 36 Abs. 4 KAGB zusätzlich spezielle Voraussetzungen zu beachten, wenn die Portfolioverwaltung oder das Risikomanagement ausgelagert werden sollen. Gänzlich unzulässig ist demnach die Auslagerung dieser Bereiche an die Verwahrstelle oder einen Beauftragten der Verwahrstelle. Weiter dürfen weder die Portfolioverwaltung noch das Risikomanagement, abgesehen von sehr eng umrissenen Ausnahmen (vgl. § 36 Abs. 3 Nr. 2 lit. a) und b) KAGB), auf einen Service Provider übertragen werden, wenn Interessenkonflikte zwischen dem Service Provider und der KVG oder den Anlegern entstehen könnten.
Zu beachten ist auch eine allgemeine Einschränkung dahingehend, dass die Übertragung nicht Ausmaße annehmen darf, die die KVG zu einer „Briefkastenfirma“ degradieren.
Ist beabsichtigt, dass der Service Provider die übernommen Aufgaben nicht selbst übernimmt, sondern weiter delegiert (sog. Unterauslagerung) sind weitere Voraussetzungen zu beachten (§ 36 Abs. 6 KAGB; u. a. Zustimmung der KVG und Anzeige gegenüber BaFin).
Die Regelungen des § 36 KAGB lassen an vielen Stellen Spielraum für Interpretationen zu, wobei gemäß § 36 Abs. 10 KAGB für wesentliche Aspekte der Norm die Artt. 75 bis 82 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 (AIFM-VO) maßgeblich sind.
Der Begriff der „Aufgabe“
Ausgangpunkt für jede Form der Übertragung von Tätigkeiten ist die Frage, welche Tätigkeiten vom Begriff der „Aufgabe“ und somit vom Regelungskreis der Norm erfasst sind. Anhang I Nr. 2 der AIFM Richtlinie gliedert die Tätigkeiten eines AIFM in:
- Portfolioverwaltung und Risikomanagement
- Nebendienstleistungen, die der AIFM zusätzlich ausüben kann:
- Administrative Tätigkeiten (u. a. Fondsbuchhaltung, Kundenanfragen, Bewertung und Preisfestsetzung, Gewinnausschüttung, Ausgabe u. Rücknahme Anteile, etc.);
- Vertrieb;
- Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Vermögenswerten des AIF (u. a. Facility Management, Immobilienverwaltung, Beratung von Unternehmen über die Kapitalstruktur etc.).
Es versteht sich von selbst, dass die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement als Aufgabe im Sinne von § 36 KAGB gelten. Insoweit regelt das Gesetz ausdrücklich, dass für die Auslagerung dieser Tätigkeiten zusätzliche Voraussetzungen zu beachten sind.
Bezüglich der in Anhang I Nr. 2 der AIFM Richtlinie (AIFM-RL) aufgezählten administrativen Tätigkeiten und Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Vermögenswerten des AIF geht die BaFin davon aus, dass die Wahrnehmung von Aufgaben im Sinne des § 36 KAGB vorliegt, so dass im Fall einer Auslagerung dieser Tätigkeiten die Voraussetzungen des § 36 KAGB beachtet werden müssen (vgl. FAQs Nr. 1). Inwieweit auch der Vertrieb als Aufgabe im Sinne der Norm zu bewerten ist, wird von der BaFin zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch geprüft.
Der Begriff der „Auslagerung“
Gewisse Probleme in der praktischen Anwendung bereitet der Begriff der „Auslagerung“. Gerade im Zeitalter von „Cloud“ Softwarelösungen können schon kleine Softwareapplikationen als Auslagerung betrachtet werden. Nach alter Rechtslage gemäß Investmentgesetz (InvG) wurde noch auf das Kriterium der „Wesentlichkeit“ abgestellt. In der Neuregelung des § 36 KAGB ist diese Einschränkung nicht mehr enthalten. Eine einschränkende Lesart folgt jedoch aus den Erwägungsgründen zur AIFM-VO. Demnach sollen die Beschränkungen des § 36 KAGB für die in Anhang I der AIFM-RL beschriebene Verwaltungsfunktion gelten. Dagegen werden unterstützende Aufgaben, die die Erbringung der Verwaltungsfunktion erleichtern, nicht erfasst (vgl. FAQs Nr. 3).
Die FAQs enthalten zudem weitere Aspekte und Kriterien, die bei der Frage, ob eine Auslagerung im Sinne des § 36 KAGB vorliegt, zu beachten sind; vgl. FAQs Nr. 13 (Advisory Modelle), FAQs Nr. 14 (Abgrenzung Auslagerung – externe Verwaltung), FAQs Nr. 15 (Vollauslagerung des Portfoliomanagements bei Sachwerten) und FAQs Nr. 16. (Auslagerung vs. Erbringung von Dienstleistungen in Bezug auf Sachwerte).
Inhalt der Auslagerungsanzeige
Die Regelung in § 36 Abs. 2 KAGB für die inhaltlichen Anforderungen der Anzeige einer Auslagerung ist vergleichsweise rudimentär. Aus den FAQs ergibt sich nun, dass folgende Angaben in der Anzeige enthalten sein müssen:
- Eindeutige Benennung des Auslagerungsunternehmens (Service Provider), einschließlich Rechtsform und Sitz;
- Beschreibung der ausgelagerten Tätigkeit (ggf. auch Nennung des betroffenen Investmentvermögens oder spezifischen Vermögensgegenstandes);
- Zeitpunkt der Auslagerung;
- Darlegung der objektiven Gründe für die Auslagerung.
Es ist nicht erforderlich, die Auslagerungsverträge vorzulegen. Weiter ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass die Unterlagen zum Nachweis des Vorliegens der zu beachtenden Voraussetzungen des § 36 KAGB dem Antrag beigelegt werden (z. B. Nachweis über Eignung des Geschäftsleiters). Zu beachten ist allerdings, dass die BaFin jederzeit die Vorlage der Auslagerungsverträge und weiterer Unterlagen nachfordern kann (vgl. FAQs Nr. 6).
Änderungen an den Auslagerungsverträgen
Änderungen an den Auslagerungsverträgen sind der BaFin anzuzeigen, wenn es sich um wesentliche Änderungen handelt, die die Erlaubnisvoraussetzungen beeinträchtigen können. Im Einzelfall kann eine Änderung der Auslagerungsverträge, insbesondere bei umfangreicher Erweiterung der Auslagerung, aber auch dazu führen, dass von einer neuen Auslagerung auszugehen ist. In diesem Fall ist eine neue Auslagerungsanzeige vorzunehmen (vgl. FAQs Nr. 7).
Rechtfertigung der Auslagerung anhand von objektiven Gründen
Mögliche objektive Gründe, die für die Rechtfertigung einer Auslagerung in Frage kommen, finden sich in Art. 76 Abs. 1 der AIFM-VO. Demnach kommen unter anderem in Betracht: Kosteneinsparungen, Nutzung bestimmter Fachkenntnisse des Service Providers, Optimierung von Geschäftsfunktionen, etc. (vgl. FAQs Nr. 9).
In der Anzeige an die BaFin ist bei der Darlegung der objektiven Rechtfertigungsgründe zu beachten, dass sowohl die objektiven Gründe für die jeweilige konkrete Auslagerung als auch die Rechtfertigung im Kontext der gesamten Auslagerungsstruktur darzustellen sind. Die BaFin kann verlangen, dass weitere Erläuterungen und Dokumente zur gesamten Auslagerungsstruktur zur Verfügung gestellt werden. (vgl. FAQs Nr. 10).
Auslagerung des Risikomanagements und der Portfolioverwaltung
Im Fall der Auslagerung des Risikomanagements und der Portfolioverwaltung ist zu beachten, dass der Service Provider für die Zwecke der Vermögensverwaltung oder Finanzportfolioverwaltung zugelassen oder registriert sein muss, § 36 Abs. 1 Nr. 3. KAGB. Erfüllt der Service Provider diese Voraussetzung nicht, muss eine Genehmigung bei der BaFin beantragt werden. Anders als im Fall einer „normalen“ Auslagerungsanzeige, sind im Genehmigungsantrag die Auslagerungsverträge und die Unterlagen zum Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen (u. a. Eignung des Geschäftsleiters etc.) vorzulegen(vgl. FAQs Nr. 4 und 5). Zu beachten ist in jedem Fall, dass bestehende Auslagerungen, für die nach der neuen Regelung der Genehmigungsvorbehalt greift, nicht freigestellt sind. Auch für diese bestehenden Auslagerungen müssen entsprechende Genehmigungsanträge gestellt werden (vgl. FAQs Nr. 7).
Briefkastenfirma
§ 36 Abs. 5 KAGB statuiert eine allgemeine Grenze, die für den Umfang der Auslagerung zu beachten ist. Die konkret zu beachtenden Vorgaben enthält Art. 82 Abs. der AIFM-VO. Besondere Relevanz hat die vollständige Auslagerung der Portfolioverwaltung und/oder des Risikomanagements. Grundsätzlich ist es möglich, dass entweder die Portfolioverwaltung oder das Risikomanagement ausgelagert werden. Es ist auch möglich, dass jeweils Teile ausgelagert werden. Beide Funktionen können jedoch nicht vollständig zusammen ausgelagert werden.
Bei der Verwaltung mehrerer Investmentvermögen kann im Einzelfall auch die Auslagerung der Portfolioverwaltung und des Risikomanagements für eines der Investmentvermögen zulässig sein, wenn die Auslagerung im Verhältnis zur übrigen Portfolioverwaltung/Risikomanagement ein bestimmtes Verhältnis nicht übersteigt (vgl. FAQs Nr. 7).