Der Basler ZPO-Tag 2017 vom 3. November 2017 (Programm) befasste sich mit aktuellen praktischen Fragen und Neuerungen rund um die verschiedenen zivil-prozessrechtlichen Verfahren und die Vollstreckung. Für Gläubiger wie auch Schuldner sind insbesondere der Wegfall des Gefährdungserfordernisses beim Arrest gestützt auf Urteile sowie neue Tendenzen bei der Verjährungsunterbrechung durch Betreibung von Bedeutung.

Keine Gefährdung erforderlich beim Arrest gestützt auf ein Urteil

Die Diskussion zum Arrest am Basler ZPO-Tag drehte sich insbesondere um die neuste bun-desgerichtliche Rechtsprechung zum Arrestgrund des definitiven Rechtsöffnungstitels (BGer, 5A_228/2017, Urteil vom 26. Juni 2017). "Definitive Rechtsöffnungstitel" i.S.v. Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes (SchKG) sind kurz gesagt Urteile. Erfasst sind vollstreckbare Schweizer Urteile, vollstreckbare Lugano-Urteile (ausländische Urteile aus den Vertragsstaaten des Lugano-Übereinkommens), sowie übrige ausländische Urteile, einschliesslich Schiedsurteile (vgl. BGE 139 III 135, E. 4.4 - auf Französisch). Letztere müssen vollstreckbar und rechtskräftig sein, da für sie die Anerkennungsvoraussetzungen nach Art. 25 ff. des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) gelten. Vollstreckbare öffentliche Urkunden aus der Schweiz und aus den Vertragsstaaten des Lugano-Übereinkommen sind den Urteilen sodann gleichgestellt.

Interessant ist nun, dass das Bundesgericht bei diesem Arrestgrund keine Gefährdung voraussetzt (BGer, 5A_228/2017, Urteil vom 26. Juni 2017, E. 3.4). Diese etwa im Unterschied zu den anderen Arrestgründen (d.h. bei einem Schuldner ohne festen Wohnsitz; mit ausländischem Wohnsitz; bei Insolvenz des Schuldner; bei böswilligem Beiseiteschaffen von Vermögenswerten oder Flucht des Schuldners). Dies bedeutet, dass der Gläubiger nach Eröffnung eines vollstreckbaren Urteils sofort ein Arrestgesuch stellen kann, ohne dass er den Schuldner zuvor zur Zahlung auffordern oder ihm Gelegenheit zur freiwilligen Zahlung geben müsste. Dies gilt zum Beispiel nach Eröffnung eines nur mit Beschwerde anfechtbaren erstinstanzlichen Zivilurteils oder eines zweitinstanzlichen Urteils, auch wenn die Beschwerde an das Bundesgericht noch offen steht.

Folglich lohnt es sich aus Sicht des Schuldners bei Vorliegen eines vollstreckbaren Schweizer oder Lugano-Urteils oder eines rechtskräftigen Urteils aus einem Nicht-LugÜ-Staat, unverzüglich mit dem Gläubiger Kontakt aufzunehmen und eine Vereinbarung über die Schulden zu treffen, um die unnötige Arrestierung von Vermögenswerten zu verhindern.

Verjährungsunterbrechung

In einem neueren Entscheid der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen des Kantons Bern wurde die Unterbrechung der Verjährung durch Schuldbetreibung diskutiert (ABS 16 102 und 16 129 vom 19. Juli 2016). Nach Art. 135 Ziff. 2 des Obligationenrechts (OR) wird die Verjährung unter anderem durch Schuldbetreibung unterbrochen.

Unproblematisch verhält es sich, wenn der Gläubiger zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung ein Betreibungsbegehren einreicht und dieses (weil er die Forderung vorerst nicht geltend machen will) zurückzieht, nachdem der Zahlungsbefehl dem Schuldner zugestellt wurde. Allerdings erhält der Schuldner durch die Zustellung des Zahlungsbefehls Kenntnis von der Betreibung, und es erfolgt ausserdem ein Eintrag in das Betreibungsregister.

In der Praxis weitverbreitet ist allerdings ein anderes Vorgehen: Der Gläubiger reicht ein Betreibungsbegehren ein, legt diesem aber sogleich eine Rückzugserklärung bei und zieht somit das Betreibungsbegehren gleichzeitig mit der Einreichung wieder zurück. Dadurch fallen ihm geringere Kosten an, da die Aus- und die Zustellung des Zahlungsbefehls unterbleibt. Zudem bleibt dem Schuldner der Eintrag ins Betreibungsregister erspart. Allerdings erhält er bei diesem Vorgehen keine Kenntnis von der Betreibung und der Unterbrechung der Verjährung.

Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts wird die Verjährung auch bei diesem Vorgehen unterbrochen. Die Postaufgabe des Betreibungsbegehrens zur Einleitung der Betreibung genügt (BGE 104 III 20, E. 2 auf Französisch). Damit übereinstimmend hat das Bundesgericht in BGE 114 II 261, E. a) analog für das Schlichtungsverfahren explizit bestätigt, dass bei der Unterbrechung der Verjährung durch Ladung zum Sühneversuch die Verjährung bereits durch die Postaufgabe des Sühnebegehrens unterbrochen wird. Das Bundesgericht erachtete es nicht als erforderlich, dass tatsächlich zur Sühneverhandlung geladen wurde, obwohl der damals geltende Gesetzestext von Art. 135 Ziff. 2 OR ausdrücklich die "Ladung zu einem amtlichen Sühneversuch" als Unterbrechungsgrund statuierte.

Am Basler ZPO-Tag wurde allerdings die Meinung vertreten, die Rechtsprechung des Bundesgerichts sei dahingehend zu verstehen, dass die Verjährung nur dann unterbrochen werde, wenn die Zustellung des Zahlungsbefehls aus einem Grund unterbleibe, den der Gläubiger nicht zu vertreten habe. Es wurde auf verschiedene Lehrmeinungen hingewiesen, die eine Verjährungsunterbrechung verneinen, wenn das Betreibungsbegehren gleichzeitig mit der Einreichung zurückgezogen wird. Weiter wurde der erwähnte neuere Entscheid der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen des Kantons Bern angeführt, in dem die Aufsichtsbehörde festgehalten hatte, dass erst vom Sachrichter in einem späteren Verfahren zu entscheiden sei, ob mit einem gleichzeitigen Rückzug des Betreibungsbegehrens die Verjährung unterbrochen sei. Aus diesem Hinweis der Aufsichtsbehörde kann jedoch nichts zugunsten der vorgenannten kritischen Position abgeleitet werden, ist es doch immer der Sachrichter, der in einem allfälligen späteren Gerichtsverfahren über die Frage der Verjährung entscheidet.

Es ändert sich somit nichts daran, dass die Einreichung eines Betreibungsbegehrens mit gleichzeitigem Rückzug des Begehrens gemäss Praxis des Bundesgerichts verjährungsunterbrechende Wirkung hat. Dass das Bundesgericht seine Praxis in Zukunft ändert, kann nicht ausgeschlossen werden; wir erachten es aber zum heutigen Zeitpunkt nicht als wahrscheinlich. Zudem ist die geltende Praxis sachgerecht, da der Rechtsverkehr auf eine einfache Möglichkeit der Verjährungsunterbrechung angewiesen ist. Dies gilt umso mehr, als das Bundesgericht die Hürden für negative Feststellungsklagen als Reaktion auf eine Betreibung gesenkt hat (vgl. BGE 141 III 68). Würde die Verjährung nur bei Zustellung des Zahlungsbefehls und entsprechender Eintragung im Betreibungsregister unterbrochen, hätte dies wohl zahlreiche negative Feststellungsklagen zur Folge.