Verlässt ein Arbeitnehmer1 das Unternehmen, wird dessen Loyalität gegenüber der Arbeitgeberin auf den Prüfstand gestellt. Die Versuchung ist gross, zum eigenen Vorteil Kunden abzuwerben und Fabrikations- und andere Geschäftsgeheimnisse für sich oder ein Konkurrenzunternehmen auszubeuten.
Dieser Newsletter zeigt auf, wie Unternehmen vorbeugen und wie sie sich gegen unzulässiges Verhalten des austretenden Arbeitnehmers wehren können.
Massnahmen gegen Konkurrenzierung:
- Vorausschauende Vertragsredaktion
- Durchsetzung nachvertraglicher Abwerbe- und Konkurrenzverbote
- Strafanzeige wegen des Verdachts auf unlauteren Wettbewerb oder anderer Straftatbestände
Konkurrenz durch austretende Arbeitnehmer – vorbeugen und Interessen wahren
Die Kundenbeziehungen sowie die Fabrikations- und anderen Geschäftsgeheimnisse stellen zentrale Werte für ein Unternehmen dar. Verlässt ein Arbeitnehmer das Unternehmen, sind diese Güter gefährdet. Je nach Position und ausgeübter Funktion sind austretende Arbeitnehmer mit den Mitarbeitern im Unternehmen bestens vernetzt, konnten über Jahre intensiven Kundenkontakt pflegen und erhielten vielleicht auch noch Einblick in Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse. All dies birgt die Gefahr, dass austretende Arbeitnehmer langjährige Kunden beeinflussen, treue Mitarbeiter abwerben und vertraulich zu behandelnde Informationen für sich oder ein Konkurrenzunternehmen ausbeuten.
Unternehmen können sich durch eine vorbeugende Vertragsredaktion schützen. Müssen dennoch unzulässige Verhaltensweisen festgestellt werden, stehen verschiedene Rechtsbehelfe zur Verfügung.
Vorbeugen durch vorausschauende Vertragsredaktion
Bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages kann einer späteren Konkurrenzierung oder Mitarbeiterabwerbung durch ehemalige Arbeitnehmer vorgebeugt werden. Die Vereinbarung nachvertraglicher Konkurrenz- und Abwerbeverbote und konkretisierter Geheimhaltungspflichten wirkt oft präventiv. Zusätzlich kann geregelt werden, dass für die geschäftliche Arbeit und Kommunikation ausschliesslich Geräte (insbesondere Mobiltelefone, Tablets und Laptop-Computer) benutzt werden dürfen, welche von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellt werden und entsprechend abgesichert sind. Das Abspeichern von Daten in Cloud-Diensten und das Versenden geschäftlicher E-Mails an private Adressen des Arbeitnehmers oder nahe stehender Personen kann vertraglich ebenfalls untersagt werden. Bezüglich der Rückgabe- und Herausgabepflichten am Ende des Arbeitsverhältnisses empfiehlt sich die Präzisierung, dass elektronisch gespeicherte Daten unwiderruflich zu löschen sind und keine Kopien erstellt und zurückbehalten werden dürfen.
Vereinbarung nachvertraglicher Konkurrenz- und Abwerbeverbote
Nachvertragliche Konkurrenz- und Abwerbeverbote können nur unter strengen Voraussetzungen verbindlich vereinbart werden und setzen das Einverständnis des Arbeitnehmers voraus (siehe Box). Fehlt eine dieser Voraussetzungen, bleibt das vertragliche Verbot wirkungslos (Art. 340 OR).
Verbindlich vereinbarte Konkurrenzverbote sind nur durchsetzbar, wenn sie örtlich, zeitlich und im Hinblick auf die untersagte Tätigkeit angemessen beschränkt wurden (siehe Box). Vertragliche Vereinbarungen, die das Fortkommen des Arbeitnehmers übermässig erschweren, werden durch die Gerichte auf das zulässige Mass eingeschränkt. Eine allfällige Gegenleistung der Arbeitgeberin ist zu berücksichtigen, wenn das Gericht die Angemessenheit des Verbots beurteilt (Art. 340a OR).
Zur einfacheren Durchsetzbarkeit empfiehlt sich weiter, das vertragliche Verbot mit einem fixen Betrag als Konventionalstrafe abzusichern. Durch die Leistung der Konventionalstrafe kann sich der Arbeitnehmer vom Verbot befreien, ausser dies wäre vertraglich anders vereinbart. Es liegt selten im Interesse der Arbeitgeberin, dass der Arbeitnehmer selber entscheiden kann, ob er sich an das Verbot halten oder durch Zahlung der Konventionalstrafe befreien will. Die Befreiungsmöglichkeit sollte deshalb im Vertrag ausdrücklich ausgeschlossen werden.
Ein vertragliches Konkurrenz- und Abwerbeverbot ist nur für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nötig. Während des Arbeitsverhältnisses ist die Arbeitgeberin bereits durch die gesetzliche Treuepflicht genügend geschützt (Art. 321a OR).
Enthält der Arbeitsvertrag kein nachvertragliches Konkurrenz- und Abwerbeverbot darf grundsätzlich ein Arbeitnehmer die Arbeitgeberin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses konkurrenzieren und Mitarbeiter abwerben. Eine Schranke bilden hier aber die Vorschriften des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Wettbewerbsrechtlich untersagt ist es zum Beispiel, Kunden zu einem Vertragsbruch zu verleiten, um mit ihnen selber einen Vertrag abzuschliessen (Art. 4 lit. a UWG). Unlauter handelt auch, wer ihm anvertraute Arbeitsergebnisse wie Kalkulationen, Pläne oder Offerten unbefugt verwertet (Art. 5 lit. a UWG). Eine weitere Schranke bildet das Strafrecht. Unter Strafe gestellt ist insbesondere der Verrat von Fabrikations- und Geschäftsgeheimnissen (Art. 162 StGB).
Dahinfallen nachvertraglicher Abwerbe- und Konkurrenzverbote
Ist eine unzulässige Konkurrenzierung oder Abwerbung nachgewiesen, können vertragliche Verbote auf dem Rechtsweg durchgesetzt werden. Zu beachten ist dabei, dass selbst verbindlich vereinbarte und angemessen beschränkte Verbote nachträglich wieder dahinfallen können, wenn die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis kündigt, ohne dass ihr der Arbeitnehmer dazu einen begründeten Anlass gab. Die vertragliche Vereinbarung fällt auch dahin, wenn die Arbeitgeberin kein erhebliches Interesse mehr an der Aufrechterhaltung des Verbots hat oder wenn sie einen Grund gesetzt hat, der den Arbeitnehmer zur Kündigung berechtigte (Art. 340c OR).
Im Rahmen einer einvernehmlichen Vertragsauflösung dürfte ein Konkurrenzund Abwerbeverbot ebenfalls regelmässig dahinfallen. Soll deshalb das Verbot aufrechterhalten bleiben, sollte dies in der schriftlichen Aufhebungsvereinbarung ausdrücklich festgehalten werden.
Rechtsbehelfe gegen den ehemaligen Arbeitnehmer
Verstösst der Arbeitnehmer gegen das gültig vereinbarte Konkurrenz- und Abwerbeverbot, kann es in einem ersten Schritt sinnvoll sein, den Arbeitnehmer schriftlich abzumahnen und die Einhaltung des Verbots einzufordern. Verstösst der Arbeitnehmer trotz entsprechender Aufforderung weiterhin gegen das Konkurrenz- oder Abwerbeverbot, muss eine vereinbarte Konventionalstrafe gerichtlich eingeklagt werden.
Ist durch die Konkurrenzierung Schaden entstanden, der den Betrag der vereinbarten Konventionalstrafe übersteigt, kann die Arbeitgeberin zusätzlichen Schadenersatz verlangen. Weiterer Schaden ist allerdings oftmals sehr schwierig nachzuweisen. In der Praxis wird vor Gericht vielfach bereits die vertraglich vereinbarte Konventionalstrafe als übermässig beurteilt und auf einen Betrag reduziert, der einigen wenigen Monatslöhnen des Arbeitnehmers entspricht. Umso strenger sind die Anforderungen, die das Gericht an den Nachweis stellt, dass durch die Konkurrenzierung weiterer Schaden als die zulässige Konventionalstrafe entstanden ist.
Sofern dies im Vertrag besonders vereinbart wurde, kann zusätzlich auch noch die Beseitigung des vertragswidrigen Zustandes verlangt werden. Dem Arbeitnehmer wird in einem solchen Fall mittels gerichtlicher Anordnung untersagt, die konkurrenzierende Tätigkeit weiterhin auszuüben. Klageverfahren, mit denen derartige Gerichtsentscheide anbegehrt werden, sind jedoch ein Wettlauf gegen die Zeit. Oftmals ist die zulässige Verbotsdauer kürzer als die Verfahrensdauer für einen rechtskräftigen und vollstreckbaren Gerichtsentscheid. Wird überdies eine vorsorgliche Massnahme anbegehrt, mit der die umstrittene Tätigkeit einstweilen sofort untersagt werden soll, wägen die Gerichte regelmässig sehr genau und streng ab, ob die von der Arbeitgeberin geltend gemachten Interessen tatsächlich gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers überwiegen, seine neue Erwerbstätigkeit weiterhin auszuüben.
Liegt wettbewerbs- oder strafrechtlich relevantes Verhalten des Arbeitnehmers vor, kann weiter Strafanzeige erstattet werden. Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb stellt darüber hinaus auch zivilrechtliche Rechtsbehelfe zur Verfügung, mit denen insbesondere Schadenersatz und die Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes verlangt werden können (Art. 9 UWG).
Rechtsbehelfe gegen die neue Arbeitgeberin oder andere Dritte
Die Arbeitgeberin kann sich nicht nur gegen ihren ehemaligen Arbeitnehmer wehren, sondern unter Umständen auch direkt gegen die neue Arbeitgeberin oder andere Dritte vorgehen. Dafür stehen jedoch regelmässig nur die Rechtsbehelfe des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und des Strafrechts zur Verfügung.
Fazit
Die sorgfältige Redaktion von Arbeits- und Aufhebungsverträgen ist ein zentrales Element zur Vorbeugung gegen Konkurrenzierung und Abwerbung von Kunden und Mitarbeiter durch ehemalige Arbeitnehmer. Sollte trotz umsichtiger Vertragsredaktion eine unzulässige Konkurrenzierung oder Abwerbung auftreten, stehen der Arbeitgeberin verschiedene Rechtsbehelfe zur Verfügung. Deren Erfolgsaussichten müssen im Einzelfall jeweils genau abgeschätzt werden.