Bisher wurden die Ziele der Corporate Social Responsibility („CSR“), also der Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft durch freiwillige Maßnahmen verfolgt. Am 9. März 2017 wurde das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz im Bundestag beschlossen und führt erstmals in Deutschland eine verbindliche Regulierung der Berichterstattung über bestimmte Nachhaltigkeitsthemen ein. Als mittelbare Folge dieser Regulierung, die explizit auch an Versicherungsunternehmen adressiert ist, muss sich eine Vielzahl von Unternehmen intensiver mit Nachhaltigkeitsaspekten wie der Bekämpfung von Korruption und Bestechung beschäftigen.

Die betroffenen Unternehmen müssen für ab dem 1. Januar 2017 beginnende Geschäftsjahre in einer nichtfinanziellen Erklärung über Umweltbelange, Arbeitnehmerbelange, Sozialbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung berichten. Anzugeben sind zu diesen Nachhaltigkeitsaspekten jeweils eine Beschreibung der verfolgten Konzepte, der angewandten Due-Diligence-Prozesse, die Ergebnisse dieser Konzepte, die wesentlichen Risiken aus Produkten, Dienstleistungen, eigener Geschäftstätigkeit und Geschäftsbeziehungen sowie die bedeutsamsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren. Falls ein Unternehmen aber beispielsweise über kein Konzept zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung verfügt, muss dieser Umstand anstelle der geforderten Angaben in der nichtfinanziellen Erklärung erläutert werden (comply-or-explain). Auf europäischer Ebene werden derzeit unverbindliche Leitlinien für die nichtfinanzielle Berichterstattung entwickelt, die den Unternehmen als Hilfestellung dienen sollen und mit deren Veröffentlichung im Sommer 2017 gerechnet wird.

Wer ist betroffen?

Von der CSR-Berichtspflicht unmittelbar erfasst werden Versicherungsunternehmen, Kreditinstitute und kapitalmarktorientierte Unternehmen (sog. „Unternehmen von öffentlichem Interesse“), die im Durchschnitt mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen und bestimmte bilanzielle Größenkriterien erfüllen. Versicherungsunternehmen sind dabei solche Unternehmen, die den Betrieb von Versicherungsgeschäften zum Gegenstand haben und nicht Träger der Sozialversicherung sind. In Konzernsachverhalten kann ein Konzerntochterunternehmen von seiner Berichtspflicht befreit werden, soweit das Konzernmutterunternehmen eine CSR-Berichterstattung nach den Vorgaben eines europäischen Mitgliedsstaats praktiziert. Da die in Deutschland branchenübergreifend ca. 550 betroffenen Unternehmen in ihrem Bericht allerdings auch über Nachhaltigkeitsrisiken aus ihren Geschäftsbeziehungen berichten müssen, werden auch die Geschäftspartner in der Lieferkette, bzw. Subunternehmer zunehmend mit den Nachhaltigkeitsanforderungen der CSR-Berichtspflicht konfrontiert werden. Primär berichtspflichtige (Groß-)Unternehmen, z.B. aus der Versicherungsbranche, werden in Zukunft regelmäßig die Nachhaltigkeitsstandards ihrer jeweiligen Geschäftspartner konkret abfragen und diese abgefragten Informationen im Anschluss in ihre eigene Berichterstattung einfügen. Dabei droht eine pauschale Weitergabe der komplexen Berichtspflicht von den primären Normadressaten an zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen und auf diesem Weg eine erhebliche Erweiterung des Kreises der Unternehmen, die sich in Zukunft mit dem Thema CSR beschäftigen müssen. Insbesondere werden die Versicherungsvermittler, mit denen die Versicherungsunternehmen zusammenarbeiten, betroffen sein. Mithilfe des im Jahr 2013 erweiterten Verhaltenskodexes für den Vertrieb („VKV“) hatten sich die Versicherungsunternehmen ja bereits selbst zur Einhaltung bestimmter Verhaltensmaßstäbe für den Vertrieb von Versicherungsprodukten im Rahmen der im VKV vereinbarten Normen und Werte verpflichtet und sich demgemäß Compliance-Vorschriften für ihre Mitarbeiter und Vermittler gegeben, welche insbesondere auf die Ächtung von Korruption, Bestechung, und Bestechlichkeit abzielen und klare Regeln für den Umgang mit Geschenken und Einladungen und sonstige Zuwendungen, klare Regeln in Bezug auf Werbemaßnahmen und Unternehmensveranstaltungen sowie Vorschriften zur Vermeidung von Kollisionen von privaten und geschäftlichen Interessen enthalten. Sie verpflichteten ihre Vermittler zur Einhaltung dieser Compliance-Vorschriften jeweils vertraglich. Im Hinblick auf die neuen CSR-Verpflichtungen bietet sich daher eine Anpassung des VKV an, welcher um die Aspekte Umweltbelange, Arbeitnehmerbelange, Sozialbelange und Achtung der Menschenrechte zu ergänzen wäre. Die Vermittlerverträge könnten dann – effizient im Rahmen der ohnehin anstehenden Anpassungen aufgrund der IDD-Umsetzung – entsprechend um die Geltung der neuen Compliance-Vorschriften ergänzt werden.

Veröffentlichung, Prüfung und Sanktionen

Die nichtfinanzielle CSR-Erklärung ist jährlich im Lagebericht oder alternativ als eigenständiger Nachhaltigkeitsbericht auf der Unternehmenswebsite zu veröffentlichen. Eine Prüfung durch den Aufsichtsrat ist dabei explizit erforderlich. Ferner hat der Abschlussprüfer festzustellen, ob die nichtfinanzielle Erklärung vorgelegt wurde, wobei eine inhaltliche Prüfung der Angaben durch ihn nicht verpflichtend ist. Soweit allerdings eine freiwillige, externe inhaltliche Prüfung der Erklärung stattfindet, ist ab 2019 über die Prüfungsergebnisse zu berichten. Eine Verletzung der neuen Berichtspflichten kann zu einer Unternehmensgeldbuße führen in Höhe von bis zu EUR 10 Mio., bzw. fünf Prozent des Umsatzes des Versicherungsunternehmens im letzten Geschäftsjahr.

Erweiterung der von Versicherungsunternehmen offenzulegenden Diversitätsangaben

Neben der Schaffung der nichtfinanziellen Erklärung wirkt sich das neue Gesetz auch auf die bereits bestehende Erklärung zur Unternehmensführung gemäß § 289f HGB aus, die börsennotierte Gesellschaften jährlich abzugeben haben. Börsennotierte und bilanziell große Versicherungsunternehmen müssen mit ihrer Erklärung zur Unternehmensführung nun zusätzlich eine Beschreibung des Diversitätskonzepts für die Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat veröffentlichen. Zu benennen sind dabei entsprechende Ziele, Vorgehensweisen und Ergebnisse, die neben dem Aspekt Geschlecht auch Themen wie Bildungs-, Berufshintergrund und Alter abdecken müssen.