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Juli 2016
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Krzungen der betrieblichen Versorgungsleistungen des BVV - Handlungsbedarf fr die Arbeitgeber
Am 24. Juni 2016 hat die Mitgliedversammlung der BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e. V. und des BVV Versicherungsverein des Bankgewer-
bes a. G. massive Krzungen ihrer Versorgungsleistungen angekndigt.
Dies hat Auswirkungen auf eine Vielzahl von Mitarbeitern von Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen in Deutschland, die traditionell ber den BVV versorgt sind. Aber auch fr die jeweiligen Arbeitgeber steht damit einiges auf dem Spiel. Sie tragen das Risiko, dass sie von den Mitarbeitern auf Erfllung der ursprnglichen Leistungen in Anspruch genommen werden. Es besteht ein akuter Handlungsbedarf fr die betroffenen Arbeitgeber.
Hintergrund
Die schlechte Zinssituation auf den Kapitalmrkten bringt immer mehr Versicherungen und Pensionskassen in Schwierigkeiten. Hohe Garantiezinsen lassen sich unter diesen Bedingungen nur schwer erbringen. Sowohl die Pensionskasse als auch die rckgedeckte Untersttzungskasse des BVV werden ihre Leistungen senken. Als rechtliche Grundlage fhren sie dafr die Satzung und Versicherungsbedingungen bzw. die Leistungsplne an. Die laufenden Renten sollen nicht angetastet werden, aber die Rentenfaktoren im Rentenbausteinsystem der Vertrge mit einem Garantiezins von 4% sollen ab dem 1. Januar 2017 abgesenkt werden. Nach Berechnungen des BVV mssten die Versicherten bzw. die Arbeitgeber 31,6 % mehr einzahlen, um das ursprnglich geplante Rentenniveau zu erhalten.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Einstandspflicht
Der Arbeitgeber, der seinen Mitarbeitern betriebliche Altersversorgung zusagt, bleibt aus dieser arbeitsvertraglichen Zusage gegenber seinen Mitarbeitern grundstzlich verpflichtet. Dies gilt zunchst auch dann, wenn die eingeschaltete Pensionskasse oder rckgedeckte Untersttzungskasse ihre Leistungen absenkt.
In mittlerweile stndiger Rechtsprechung vertritt das BAG die Ansicht, dass ein Arbeitgeber nach 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG fr Krzungen von arbeitgeberfinanzierten Pensionskassenleistungen einzustehen hat, wenn die regulierte Pensionskasse von ihrem satzungsgemen Recht Gebrauch macht und Fehlbetrge durch Herabsetzung ihrer Leistungen ausgleicht (vgl. BAG vom 10. Februar 2015 3 AZR 65/14, AP BetrAVG 1 Pensionskasse Nr. 12; BAG vom 30. September 2014 - 3 AZR 617/12, BAGE 149, 212; BAG vom 19. Juni 2012 - 3 AZR 408/10, BAGE 142, 72). Auch fr die in Form von Entgeltumwandlung oder bei Vorliegen einer Umfassungszusage durch Eigenbeitrge finanzierten Pensionskassenleistungen hat der Arbeitgeber einzustehen (vgl. BAG vom 15. Mrz 2016 - 3 AZR
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827/14). In den vorliegenden Urteilen hat der BAG aber nur ber Klagen auf Leistungszahlungen geurteilt und nicht darber, ob der Arbeitgeber aus der Einstandspflicht zur Nachentrichtung von Beitrgen gezwungen ist. Bei der Untersttzungskasse folgt eine entsprechende Verpflichtung direkt aus der Versorgungszusage, da es nach der Rechtsprechung des BAG keinen direkten Anspruch der Mitarbeiter gegenber der Untersttzungskasse gibt. Genau geprft werden msste vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung und anhand der jeweiligen Zusage, ob, in welchem Umfang und auf welche Weise der Arbeitgeber, der Leistungen ber den BVV zugesagt hat, fr deren Krzungen einzustehen hat.
Handlungsspielrume zur Abnderung von Versorgungszusagen
Auch wenn der jeweilige Arbeitgeber zunchst aus seiner Versorgungszusage weiterhin auf die bislang versprochenen Rentenleistungen verpflichtet bleiben sollte, sollte geprft werden, ob er diese Zusage nicht ebenfalls wirksam abndern kann. Das BAG hat in jngster Zeit die Handlungsspielrume der Arbeitgeber fr Abnderungen von Versorgungszusagen in vielerlei Hinsicht erweitert (vgl. etwa BAG vom 13. Januar 2015 - 3 AZR 897/12, BB 2015,1401; BAG vom 10. November 2015 - 3 AZR 390/14, BB 2016, 442).
Ein Eingriff in zuknftige dienstzeitabhngige Zuwchse kann danach durch sachlich-proportionale Grnde gerechtfertigt sein. Das sollen nachvollziehbare, anerkennenswerte und willkrfreie Grnde sein, die auf einer Fehlentwicklung der betrieblichen Altersversorgung oder einer wirtschaftlich ungnstigen Entwicklung des Arbeitgebers beruhen. Nach Ansicht des BAG kann sich der Arbeitgeber auf eine Fehlentwicklung dann berufen, wenn eine erhebliche, zum Zeitpunkt der Schaffung des Versorgungswerkes unvorhersehbare Mehrbelastung eingetreten sei, die auf nderungen im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung oder im Steuerrecht beruhen (vgl. BAG vom 10. November 2015 - 3 AZR 390/14, BB 2016, 442). Offen bleibt aber, ob das BAG eine unvorhersehbare Mehrbelastung des Arbeitgebers auch dann akzeptiert, wenn diese Folge der anhaltenden Niedrigzinsphase ist.
Schlussfolgerung
Die Krzungen der betrieblichen Altersversorgung ber den BVV treffen die Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Voreilige Schlussfolgerung fr etwaige Einstands- oder Nachschusspflichten der betroffenen Arbeitgeber sollten nicht gezogen werden. Vielmehr sollten in jedem Einzelfall die jeweiligen Versorgungszusagen in den Blick genommen werden und nach einer rechtlichen Analyse Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vertragsparteien besprochen werden. Diese knnte eine (teilweise) Nachfinanzierung der bestehenden Versorgungssysteme durch Arbeitgeber und/oder Mitarbeiter sein oder die unmittelbare Ausgleichszahlung an die jeweiligen Rentner durch den Arbeitgeber selbst. Eine Option kann aber auch sein, die Zusage abzundern oder zumindest fr neue Arbeitnehmer ein anderes Versorgungswerk einzufhren.
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