EU-Richtlinie über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen tritt am 05. Juli 2016 in Kraft

Am 15. Juni 2016, knapp drei Wochen nachdem auch der Europäische Rat die Richtlinie über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen verabschiedet hat, ist der finale Text im Amtsblatt der EU – als Richtlinie (EU) 2016/943 – veröffentlicht worden. Nach dem Inkrafttreten am 05. Juli 2016 haben die nationalen Gesetzgeber zwei Jahre Zeit, um die neuen Regeln in das nationale Recht umzusetzen.

Neues zu unerlaubten Werbeansprachen

  • BGH: Bei unerlaubten Werbeanrufen beschränkt sich der Schadensersatz nach § 7UWG auf durch die Störung der Betriebsabläufe verursachte Schäden (Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 276/14 – Lebenskost) Wenn es aufgrund eines unerlaubten Werbeanrufs bei einem Unternehmer zum Abschluss eines Vertrages kommt, kann der Unternehmer nur die Schäden ersetzt verlangen, die ihm infolge des belästigenden Eindringens in seinen Betriebsablauf entstanden sind. Der BGHstellt klar, dass § 7 II Nr. 2 UWG darauf abzielt, die Marktteilnehmer davor zu schützen, dass ihnen Werbemaßnahmen gegen ihren Willen aufgedrängt werden. Insofern solle aber (nur) eine Störung der Betriebsabläufe bzw. eine Bindung von Ressourcen (Zeitaufwand, Vorhaltekosten für Empfangseinrichtungen etc.) vermieden werden. Eine etwaige Überrumpelungssituation und die damit einhergehende Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit falle nicht in diesen Gefahrenbereich. Der Ersatz solcher Schäden käme allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Belästigung nach § 4a I 2 Nr. 1 UWG in Betracht. Vorliegend seien der Beklagten aber keinerlei Schäden infolge eines belästigenden Eindringens in ihren Betriebsablauf entstanden.
  • OLG Dresden: Kundenzufriedenheitsbefragung per E-Mail ist unerlaubte E-Mail-Werbung (Urteil vom 24.04.2016 – 14 U 1773/13) Kundenzufriedenheitsbefragungen per E-Mail – auch ohne weiteren werbenden Inhalt – sind als Werbung anzusehen und daher nur bei Vorliegen einer Einwilligung zulässig. Der Zweck dieser „Kunden-Nachbetreuung“, die sachlich außerhalb des geschuldeten Pflichtenprogramms stehe, sei auch darin zu sehen, weiteren Geschäftsabschlüssen den Weg zu ebnen; sie diene deswegen zumindest mittelbar auch der Absatzförderung. Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit einem früheren Urteil des OLG Köln (vom 17.06.2014 – 6 U 222/12), das telefonische Kundenzufriedenheitsbefragungen ohne Einwilligung als unerlaubte Werbeanrufe bewertet hatte.

OLG Köln: Werbeblocker sind zulässig, das sog. Whitelisting aber nicht

Im Streit um die Zulässigkeit des Internet-Werbeblockers „Adblock Plus“ hat das OLG Köln das klageabweisende Urteil des LG Köln zugunsten der Klägerin (Axel Springer) teilweise abgeändert. Die Blockade der Werbung an sich sei zwar keine gezielte Behinderung und damit wettbewerbsrechtlich zulässig. Wie bei den Fernsehwerbeblockern greife die Software nicht im Kontrollbereich der Klägerin in deren Angebot ein, sondern es werde nur verhindert, dass ein Teil der Datenströme beim Nutzer dargestellt werden. Dem Nutzer werde die Abwehrmaßnahme dabei gerade nicht aufgedrängt, sondern sie werde vom Nutzer selbst installiert und zugelassen. Wettbewerbswidrig handele die Beklagte aber, soweit sie werbewillige Marktteilnehmer unter bestimmten Voraussetzungen, zu denen auch die Zusicherung von Werbeumsatzbeteiligungen gehört, von der Blockadefunktion ihrer Software ausnimmt (sog. „Whitelisting“). Insofern handele es sich um eine aggressive Praktik im Sinne des § 4a I 1 UWG. Das OLG Köln hat die Revision zugelassen.  Mehr zum Thema Adblocking erfahren Sie in unserem TW Forum Wettbewerbsrecht, das am 30. September 2016 in Hamburg sowie am 07. und 14. Oktober 2016 in Frankfurt und München stattfindet.

LG Bochum: Fehlender Hinweis auf ODR-Plattform ist auch vor deren Inbetriebnahme wettbewerbswidrig (Urteil vom 31.03.2016 – 14 O 21/16)

Wir hatten Sie Anfang des Jahres darauf hingewiesen, dass ab dem 09.01.2016 neue Informationspflichten für Online-Händler gelten und insbesondere eine Pflicht zur Verlinkung auf die neue europäische Internetplattform für alternative Streitbeilegungsverfahren (ODR-Plattform) besteht (vgl. hierzu folgenden TW-Newsflash). Nunmehr hat das LG Bochum erstmals zu den Konsequenzen eines Verstoßes gegen diese Hinweispflicht Stellung genommen. Demnach stellt ein fehlender Hinweis bereits ab dem 09.01.2016 – also auch schon vor der Inbetriebnahme derODR-Plattform (die erst am 15.02.2016 erfolgte) – einen Wettbewerbsverstoß dar.

OLG Bamberg: Die Einschränkung „grundsätzlich“ in Werbeaussagen einer Versicherung ist nicht gleichbedeutend mit „immer“ (Urteil vom 23.09.2015 – 3 U 77/15)

Die Werbeaussage einer Versicherung „Bei grober Fahrlässigkeit leisten wir grundsätzlich 85%“   ist nicht wettbewerbswidrig, auch wenn in den AGB bei grober Fahrlässigkeit eine höhere Abzugsmöglichkeit vorbehalten wird. Diese Aussage sei im Zusammenhang mit dem Einleitungssatz „Haben Sie mit uns K. vereinbart und lassen Sie Ihr Fahrzeug in einer anderen, von uns nicht ausgewählten Werkstatt reparieren, können wir unsere Leistung – je nach dem Grad des Verschuldens – kürzen oder streichen“   zu sehen. In diesem Gesamtzusammenhang könne die Bedeutung des Begriffs „grundsätzlich“ nicht nach den vielfältigen synonymen Begriffen des Dudens („ausnahmslos“, „immer“ etc.) bestimmt werden. Der Verbraucher verstehe die beanstandete Aussage vielmehr so, dass es von dem dargestellten Grundsatz auch Ausnahmen geben könne.

LG Erfurt: Redaktionelle Markennennung ist vom urheberrechtlichen Zitatrecht gedeckt (Urteil vom 17.03.2016 – 3 O 689/15)

Das LG Erfurt hat dem Versuch, eine (markenrechtlich zulässige) redaktionelle Markennennung über das Urheberrecht zu unterbinden, eine Absage erteilt. Zwar sei die Markengestaltung urheberrechtlich schutzfähig. Die konkrete Form der Nutzung des Logos – im Rahmen eines kritischen Zeitungsbeitrags über die Markeninhaberin – sei allerdings vom Zitatrecht nach § 51 Nr. 2 UrhG gedeckt und damit zulässig.

Neues zur Online-Werbung mit durchgestrichenen Preisen

  • BGH: Bei Werbung mit durchgestrichenen Preisen im Internethandel ist i.d.R. kein klarstellender Hinweis erforderlich (Urteil vom 05.11.2015 – I ZR 182/14 – „Durchgestrichener Preis II“) Im Hinblick auf die Werbung mit durchgestrichenen Preisen gelten im Internet keine strengeren Maßstäbe als offline. Auch bei der Werbung auf der Handelsplattform Amazon.de erkenne der Verkehr in einer durchgestrichenen Preisangabe regelmäßig den früher von dem werbenden Unternehmer verlangten Preis. Da eine solche Werbung also nicht mehrdeutig sei, sei kein weiterer klarstellender Hinweis erforderlich.
  • OLG Frankfurt: Online-Werbung mit durchgestrichenem UVP-Preis ist unzulässig, wenn der höhere Preis vom Anbieter selbst festgelegt wurde (Urteil vom 03.03.2016 – 6 U 94/14) Eine Werbung, in der dem tatsächlich verlangten Preis ein durchgestrichener als „UVP (unverbindliche Preisempfehlung)“ bezeichneter höherer Preis gegenübergestellt wird, erwecke bei dem Verbraucher den Eindruck, der höhere Preis sei dem Handel von einem Dritten, nämlich dem Hersteller oder einem anderen Vorlieferanten, festgesetzt worden. Ist der höhere Preis tatsächlich vom Anbieter selbst festgelegt worden, sei diese Preiswerbung daher irreführend und damit wettbewerbswidrig.