Bislang kannte der europäische Ge- setzgeber bei den Transparenzanfor- derungen an börsennotierte Unter- nehmen nur eine Richtung: Im Sinne größtmöglicher Transparenz sollten börsennotierte Unternehmen ihren Investoren häufiger und detaillierter über ihren Geschäftsgang berichten. Insofern stellen die jüngsten Änderun- gen der Transparenzrichtlinie einen Richtungswechsel dar. Die bislang bestehende Verpflichtung zur vier- teljährlichen Finanzberichterstattung ist mit der Umsetzung der Änderun- gen der Transparenzrichtlinie in deut- sches Recht entfallen. Es bleibt bei der Pflicht, den Jahresabschluss und einen Halbjahresfinanzbericht zu veröffentlichen. Mit den Änderungen möchte man eine längerfristige Sicht- weise auf börsennotierte Unterneh- men unterstützen. Auf diese Ände- rungen hat die Deutsche Börse mit einer Anpassung der Börsenregeln für im Prime Standard notierte Unter- nehmen reagiert.

Bisherige Anforderungen

Im regulierten Markt notierte Unter- nehmen, die diesbezüglich keinen zusätzlichen Folgepflichten unterlie- gen (z. B. General Standard der Deutschen Börse), hatten bislang den gesetzlichen Mindestanforderungen zu folgen, die zur Information über Q1 und Q3 die Veröffentlichung sog. Zwischenmitteilungen vorsahen. Auf Basis der abstrakten Anforderung, dass die Zwischenmitteilungen die wesentlichen Ereignisse und Geschäf- te im Mitteilungszeitraum und deren Auswirkungen auf die Finanzlage des Emittenten zu erläutern und Finanz- lage und Geschäftsergebnis zu be- schreiben haben, blieb inhaltlich rela- tiv weitreichender Gestaltungsspiel- raum. So mussten Zwischenmitteilun- gen keine quantitativen Angaben enthalten, also insbesondere keine GuV-Rechnung und keine Bilanz.

Bisher hat die Deutsche Börse im Pri- me Standard notierte Unternehmen über die gesetzlichen Mindestanfor- derungen hinausgehend verpflichtet, zur Information über Q1 und Q3 Zwischenberichte nach dem IFRS Standard IAS 34 zu veröffentlichen. Derartige Zwischenberichte sind verkürzte Abschlüsse, die aber in ihren wesentlichen Bestandteilen (u. a. GuV-Rechnung, Bilanz, Cash- flow-Rechnung und Anhang) einem Jahresabschluss nach IFRS entspre- chen. Die inhaltlichen Anforderun- gen an einen Zwischenbericht nach IAS 34 sind sehr engmaschig und formal und lassen wenig Raum für individuelle Gestaltung.

Neue Anforderungen

Für im regulierten Markt notierte Unternehmen, die diesbezüglich keinen zusätzlichen Folgepflichten unterliegen (z. B. General Standard der deutschen Börse), entfällt die Berichtspflicht zu Q1 und Q3 ganz. Es bleibt diesen Unternehmen aller- dings unbenommen, ihre Investoren- basis freiwillig über die geschäftliche Entwicklung in Q1 und Q3 zu infor- mieren.

Die Deutsche Börse hat auf die ge- setzlichen Änderungen derart re- agiert, dass sie für im Prime Standard notierte Unternehmen nach wie vor eine Pflicht zur quartalsweisen Be- richterstattung vorsieht. Die Bericht- erstattung zu Q1 und Q3 hat aber nicht mehr, wie bisher, in Form von Zwischenberichten nach IAS 34 zu erfolgen, sondern als Quartalsmittei- lungen. Die inhaltlichen Anforderun- gen entsprechen im Wesentlichen denen, die an die Zwischenmitteilun- gen von Unternehmen des General Standard gestellt wurden. Auch Un- ternehmen des Prime Standard bleibt es vorbehalten, auf freiwilliger Basis umfangreicher zu berichten, z. B. in- dem nach wie vor Zwischenberichte nach IAS 34 veröffentlicht werden.

Auswirkungen auf die Berichtspraxis

Die neuen Regeln sind erstmals für das erste Quartal 2016 anwendbar. Mit Spannung wurde erwartet, wie z.B. die Unternehmen der DAX-Fami- lie, die sämtlich dem Prime Standard angehören, auf die neuen Anforde- rungen reagieren. Hier ist eine große Spannbreite zu beobachten, die vom Beibehalten der vollständigen Bericht- erstattung nach IAS 34 über abge- speckte Fassungen einer solchen Berichterstattung bis hin zur reinen Erfüllung der Mindestanforderungen unter Einbeziehung lediglich der wesentlichen quantitativen Anga- ben reicht.

Im Prime Standard notierte Unter- nehmen sollten die neu gewonnene Gestaltungsfreiheit nutzen, um ihre Berichterstattung gezielt auf die In- formationen auszurichten, die für Investoren von zentraler Bedeutung sind. Zwischenberichte nach IAS 34 enthalten viel Information, die für Investoren unwesentlich oder un- verständlich ist, was den Blick auf Wesentliches verstellt. Bei Festlegung der künftigen Berichtsstandards emp- fiehlt sich ein enger Austausch mit der Investorenbasis, um sicherzu- stellen, dass insbesondere über alle im jeweiligen Einzelfall für die Inves- toren relevanten Finanzkennzahlen berichtet  wird.

Auch Unternehmen im General Standard ist anzuraten, ihren Inves- toren auf freiwilliger Basis Finanzin- formationen zu Q1 und Q3 zur Verfügung zu stellen.