Beitrag aus unserer Reihe „Recht digital“

Mit Inkrafttreten der DSGVO gilt seit dem 25. Mai 2018 ein allgemeines Kopplungsverbot im Rahmen des Datenschutzrechts. Dass das Kopplungsverbot jedoch nicht allumfassend Anwendung finden muss, zeigt ein am 30. November 2018 ergangener Bescheid der österreichischen Datenschutzbehörde (DSB). Konkret ging es um die Frage, ob eine Tageszeitung den Nutzer vor die Wahl – Tracking durch Cookies oder Abschließen eines Abonnements – stellen darf. Nach Ansicht der DSB ist dieses Vorgehen zumindest in dem konkreten Fall zulässig.

Hintergrund

Bei dem Online-Auftritt der Tageszeitung DER STANDARD hat der Nutzer die Wahl: entweder er stimmt der Nutzung von Cookies für Zwecke der Webanalyse und digitaler Werbemaßnahmen (und damit der Verarbeitung von personenbezogenen Daten zu Werbezwecken) zu oder aber er bezieht ein kostenpflichtiges Abonnement der Zeitung. Ansonsten ist das Online-Angebot nicht abrufbar. Ein Nutzer sah hierin einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung und reichte Beschwerde bei der DSB ein. Insbesondere berief er sich auf eine Verletzung des Kopplungsverbots der DSGVO. Die Tageszeitung hingegen argumentierte, das Erfordernis der Freiwilligkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung könne nicht zur Folge haben, dass Medienunternehmen ihre Inhalte kostenfrei zur Verfügung stellen müssten. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass „Onlinewerbung ohne datenbasierte Steuerung im gegenwärtigen Marktumfeld keine Refinanzierung ermöglichen würde“.

Was steckt hinter dem Kopplungsverbot?

Das Kopplungsverbot resultiert aus dem Erfordernis der Freiwilligkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung. Gemeint ist hiermit, dass die Erbringung einer Dienstleistung nicht von der Einwilligung in die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die für die Erfüllung des jeweiligen Vertrags nicht erforderlich sind, abhängig gemacht werden darf. Seine rechtliche Grundlage findet das Kopplungsverbot in Art. 7 Abs. 4 DSGVO, wonach dem Kopplungsverbot „in größtmöglichem Umfang Rechnung getragen werden“ soll. Die Formulierung deutet auf eine Abwägungsmöglichkeit hin. Anders allerdings Erwägungsgrund 43 S. 2 DSGVO: hiernach gilt eine Einwilligung nicht als freiwillig erteilt, wenn eine Kopplung stattfindet, die Formulierung lässt nach dem Wortlaut keinen Spielraum für eine Abwägung. Aufgrund dieser Widersprüchlichkeit ist bislang umstritten, wie streng das Kopplungsverbot zu verstehen ist.

Bescheid der österreichischen Datenschutzaufsicht

Die österreichische Datenschutzbehörde hat sich nun gegen ein striktes Kopplungsverbot ausgesprochen. Die DSB fokussiert sich auf die Begriffsbestimmung der Freiwilligkeit und greift hierbei maßgeblich auf die Stellungnahme der Artikel-29-Datenschutzgruppe zur Einwilligung zurück (WP 259 vom 28. November 2017). Demnach ist die Freiwilligkeit der Einwilligung anzunehmen, wenn die betroffene Person eine tatsächliche Wahlmöglichkeit hat und kein Risiko einer Täuschung, Einschüchterung, Nötigung oder beträchtlichen negativen Folgen (z. B. erhebliche Zusatzkosten) besteht, wenn sie die Einwilligung nicht erteilt.

Im Fall DER STANDARD bestehen solche negative Konsequenzen für den Nutzer, der nicht in die Datenverarbeitung einwilligt, aus Sicht der DSB nicht. Zum einen habe er die Wahl, ein Abonnement zu einem günstigen Preis in Höhe von maximal 6 € monatlich abzuschließen. Der Preis stelle gerade keine erheblichen Zusatzkosten dar. Zum anderen würden dem Nutzer alternative Informationsangebote dritter Anbieter zur Verfügung stehen. Darüber hinaus berücksichtigt die DSB, dass dem Nutzer durch die Abgabe der Einwilligung in die Nutzung von Cookies ein erkennbarer Vorteil in Form des vollen Zugangs zu dem Online-Angebot zukomme. Die DSB wies die Beschwerde daher mangels DSGVO-Verstoß ab.

Fazit und Ausblick

Wenngleich die DSB den Weg für Unternehmen freimacht, unter verhältnismäßigen Bedingungen den Zugang zu ihrer Website an die „Zahlung“ mit Daten oder mit Entgelt zu verknüpfen, so nimmt die Datenschutzaufsicht richtigerweise eine Abwägung verschiedener Komponenten im Rahmen der Freiwilligkeit vor. Dies kann insbesondere im Lichte der Privatautonomie überzeugen, die es den Unternehmen ermöglicht eine Gegenleistung in Form der Daten zu fordern. Durch die Abwägung etwaiger erheblicher negativer Konsequenzen werden gleichwohl die Interessen der Nutzer angemessen berücksichtigt.

In Deutschland mag sich das Modell – „Tracking oder Abo“ – im Bereich der Medien bislang noch nicht durchgesetzt haben. In den USA ist es dagegen schon üblicher, den Nutzern verschiedene Optionen anzubieten, vgl. etwa das Angebot The Washington Post. Insofern bleibt abzuwarten, ob deutsche Unternehmen das Modell für ihr Online-Angebot übernehmen.