Zur Anwendung der Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage, wenn bei einem Anteilskauf die Vertragsparteien die Anwendung gesetzlicher Leistungsstörungsrechte ausgeschlossen haben.

Sachverhalt

Die Parteien) waren im Wege eines Joint Venture an einer GmbH zu je 50% beteiligt. Im Folgenden veräußerte die Beklagte ihren Anteil an die Klägerin. Der Kaufpreis basierte auf einem von einem Wirtschaftsprüfer erstellten und von den beiden Parteien überarbeiteten Gutachten. Diesem Gutachten lagen die fehlerhaften Jahresabschlüsse der GmbH zugrunde, was beiden Parteien jedoch nicht bekannt war. Tatsächlich war die GmbH überschuldet und deutlich unterbilanziert mit der Folge, dass der Kaufpreis „allenfalls auf Null“ festzusetzen gewesen wäre. Im Kaufvertrag wurden gesetzliche Gewährleistungsrechte sowie gesetzliche Kündigungs- oder Rücktrittsrechte ausgeschlossen. Dennoch erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Vertrag wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage infolge der Überschuldung der GmbH und verlangt u.a. Rückzahlung des Kaufpreises. Ihre Klage scheiterte in den Vorinstanzen.

Entscheidung

Der BGH nimmt in dem Urteil zu einer zentralen Frage der M&A-Praxis Stellung, nämlich ob und ggf. in wel-chem Umfang neben dem vertraglichen Garantieregime auch gesetzliche Gewährleistungs- und Kündigungsrechte weiterhin zur Anwendung kommen können. Entgegen der Auffassungen der Vorinstanzen kommt dies nach Auffassung des BGH jedenfalls für den Anspruch auf Vertragsanpassung wegen der Störung der Geschäftsgrundlage § 313 BGB grundsätzlich in Betracht. Dem steht der praxisübliche Ausschluss solcher gesetzlicher Gewährleistungs- und sonstiger Leistungsstörungsrechte im Anteilskaufvertrag dann nicht entgegen, soweit die Störung der Geschäftsgrundlage einen Mangel der Kaufsache betrifft, für den die Parteien erkennbar keine eindeutige Zuordnung zum Risikotragungsbereich einer der Parteien getroffen haben.

Praxisfolgen

Für die M&A Praxis ist das Urteil insofern von Interesse, als in Unternehmenskaufverträgen üblicherweise die gesetzlichen Mängel- und Leistungsstörungsrechte umfassend mit dem Ziel ausgeschlossen werden, dass nur das Regelungsregime der vertraglichen Garantie-, Leistungs- und Freistellungsregelungen zwischen den Parteien gelten soll. Ohne eine Adressierung der Kernaussage in künftigen Unternehmenskaufverträgen wird vor allem der Käufer von der verbleibenden (Reserve-) Anwendbarkeit der § 313 BGB profitieren. Aus Sicht des Verkäufers wird man möglicherweise zukünftig (wieder) eine Vereinbarung über die grundsätzliche Auswirkung von Fehlern bzw. dem Eintritt negativer Ereignisse zwischen den Parteien treffen müssen, wie es z.B. früher häufiger der Gegenstand sog. Material Adverse Change-Klauseln war.