Entfällt der Arbeitsplatz eines schwerbehinderten Menschen, kommt der Beschäftigungsanspruch aus § 81 Abs. 4 SGB IX a.F. (jetzt § 164 Abs. 4 SGB IX) nicht zum Tragen, wenn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht gegeben ist.

Der schwerbehinderte Kläger war langjährig bei der insolventen Arbeitgeberin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterfiel einem tariflichen Sonderkündigungsschutz. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt im Rahmen des zunächst in Eigenverwaltung betriebenen Insolvenzverfahrens, nachdem sie mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste im Sinne des § 125 Abs. 1 InsO geschlossen hatte. Die Namensliste enthielt den Namen des Klägers, dessen Arbeitsplatz wegen Umverteilung der noch verbliebenen Aufgaben nicht mehr besetzt werden musste. Die Hilfstätigkeiten, die der Kläger verrichtete, werden nunmehr von den verbliebenen Fachkräften mit erledigt. Andere Tätigkeiten kann der Kläger nicht ausüben. Er hält die Kündigung dennoch für unwirksam und beruft sich auf den tariflichen Sonderkündigungsschutz sowie den Beschäftigungsanspruch aus § 81 Abs. 4 SGB IX a. F. (jetzt § 164 Abs. 4 SGB IX).

Mit seinem Urteil bestätigt das BAG die Entscheidung der Vorinstanzen, die die Kündigungsschutzklage abgewiesen hatten. Im bestehende Arbeitsverhältnis können Schwerbehinderte nach § 164 Abs. 4 SGB IX (bis 31.12.2017: § 81 Abs. 4 SGB IX a.F.) von ihrem Arbeitgeber bis zur Grenze der Zumutbarkeit die Durchführung des Arbeitsverhältnisses entsprechend ihrer gesundheitlichen Situation verlangen. Dies gibt aber nach Auffassung des BAG schwerbehinderten Menschen keine Beschäftigungsgarantie. Der Arbeitgeber kann eine unternehmerische Entscheidung treffen, welche den bisherigen Arbeitsplatz des Schwerbehinderten durch eine Organisationsänderung entfallen lässt. Dessen besonderer Beschäftigungsanspruch ist dann erst bei der Prüfung etwaiger Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu berücksichtigen. Nach Auffassung des BAG hat die in Rede stehende Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet. Der tarifliche Sonderkündigungsschutz zeigt gemäß § 113 Satz 1 InsO keine Wirkung. Hiergegen bestehen auch nach Auffassung des BAG keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Beschäftigungsanspruch aus § 81 Abs. 4 SGB IX a. F. (jetzt § 164 Abs. 4 SGB IX) kommt mangels geeigneter Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht zum Tragen. Die Arbeitgeberin war nicht verpflichtet, für den Kläger einen Arbeitsplatz zu schaffen oder zu erhalten, den sie nach ihrem Organisationskonzept nicht mehr benötigt.

Praxistipp:

Die Entscheidung des BAG ist zu begrüßen. Wenn ein schwerbehinderter Mensch nicht mehr beschäftigt werden kann, muss die fristgemäße Kündigung zulässig sein. Sicherlich wird bei der Prüfung des Wegfalls des Arbeitsplatzes und der Mangel geeigneter Weiterbeschäftigungs-möglichkeiten ein strenger Maßstab angelegt. Nicht vergessen werden darf, dass für die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen nach § 168 SGB IX die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich ist.