Das am 30. Dezember 2015 verkündete Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie (RL 2014/50/EU) führt zu umfangreichen Veränderungen des Rechts der betrieblichen Altersversorgung ab dem Jahr 2018. Arbeitgeber, die betriebliche Versorgungsregelungen anbieten, sollten die verbleibende Zeit nutzen, um die Auswirkungen der Neuregelungen auf ihre Versorgungslandschaft zu prüfen und gegebenenfalls erforderliche Anpassungen vorzunehmen.
Wesentliche Inhalte des Gesetzes
Erleichterte Unverfallbarkeit, § 1b Abs. 1 BetrAVG nF Die Unverfallbarkeitsfrist für erworbene Versorgungsanwartschaften wird von fünf auf drei Jahre verkürzt, das Mindestalter für den Erwerb gesetzlich unverfallbarer Anwartschaften wird von 25 auf 21 Jahre heruntergesetzt. Diskriminierungsverbot für ausgeschiedene Arbeitnehmer, § 2a Abs. 2 BetrAVG nF Veränderungen der Versorgungsregelungen und der Bemessungsgrundlagen sollen künftig auch für ausgeschiedene Arbeitnehmer zu berücksichtigen sein, wenn diese ansonsten hinsichtlich des Werts ihrer unverfallbaren Anwartschaft schlechter gestellt würden als vergleichbare aktive Arbeitnehmer. Die Neuregelung sieht einen Katalog an Gestaltungsmöglichkeiten vor, bei deren Vorliegen eine derartige Benachteiligung von Gesetzes wegen als ausgeschlossen gilt. Erschwerte Voraussetzungen für die Abfindung von Minianwartschaften, § 3 BetrAVG nF Für den Fall, dass ein ausgeschiedener Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis in einem anderen Mitgliedsstaat begründet, kann dessen Anwartschaft nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers abgefunden werden. Voraussetzung ist außerdem, dass der Arbeitnehmer den alten Arbeitgeber innerhalb von drei Monaten nach seinem Ausscheiden über die Aufnahme der neuen Tätigkeit informiert.
Erweiterte Auskunftsansprüche aktiver und ausgeschiedener Arbeitnehmer, § 4a BetrAVG nF Auf Verlangen sind Arbeitgeber oder Versorgungsträger verpflichtet, aktiven Arbeitnehmern verständlich, in Textform und in angemessener Frist Auskunft darüber zu erteilen, ob und wie eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung erworben wird, wie hoch der bisher erworbene Versorgungsanspruch ist und wie hoch er bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze voraussichtlich sein wird, wie sich eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die Anwartschaft auswirkt und wie sich die Anwartschaft nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses entwickeln wird. Gegenüber ausgeschiedenen Arbeitnehmern oder deren Hinterbliebenen ist in gleicher Weise Auskunft über die Höhe und die künftige Entwicklung einer erworbenen Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung zu erteilen.
NÄHERE INFORMATIONEN zu den anstehenden gesetzlichen Änderungen finden Sie auch in unseren Legal Updates: Legal Updates vom 20. Mai 2014 „Wesentliche Änderungen des Rechts der betrieblichen Altersversorgung – Mobilitäts-Richtlinie tritt am 20. Mai 2014 in Kraft“ J www.mayerbrown.com/de/Mobility-Directive Legal Updates vom 16. April 2015 „Der Referentenentwurf zum Mobilitätsrichtlinien-Umsetzungsgesetz“ J www.mayerbrown.com/de/ Mobilitaetsrichtlinien-Umsetzungsgese
Best Practice bei der betrieblichen Umsetzung der Veränderungen
Die Komplexität der Materie bringt es mit sich, dass eine allgemeingültige Patentlösung zum Inhalt und zum Umfang der angemessenen Anpassung bestehender Versorgungszusagen an die gesetzlichen Änderungen nicht existiert. Es empfiehlt sich aber für jedes Unternehmen, das betriebliche Altersversorgungssysteme anbietet, eventuell bestehenden Anpassungsbedarf im konkreten betrieblichen Umfeld zu identifizieren. Ausgangspunkt: Status Quo Analyse Am Anfang einer solchen Prüfung sollte sich das Unternehmen stets die aktuellen Regelungsinhalte seiner Versorgungsregelungen detailliert vergegenwärtigen. Aufbauend auf den Ergebnissen dieser Untersuchung empfehlen wir insbesondere die folgenden Umsetzungsschritte: Anpassungsbedarf aufgrund der Neuregelung zur Unverfallbarkeit • Regelungen in Versorgungszusagen, die den bisherigen Gesetzestext zur Unverfallbarkeit wiedergeben, sind ab 2018 unwirksam. Zur Risikominimierung empfehlen wir deshalb, sie anzupassen. Anpassungsbedarf wegen des Benachteiligungsverbots ausgeschiedener Arbeitnehmer • Versorgungssysteme, die einen statischen Fortbestand unverfallbarer Anwartschaften vorsehen (oder hierzu keine Aussage treffen) und die am 20. Mai 2014 noch offen waren, bedürfen in der Regel einer Ergänzung, um die Benachteiligung unverfallbar Ausgeschiedener zu vermeiden.
• Das Gesetz stellt Alternativen zur Verfügung. Die passende Lösung sollte nicht nur einen rechtssicheren, sondern auch einen möglichst kostenneutralen Umgang mit der Pflicht zur Anpassung unverfallbarer Anwartschaften ausgeschiedener Arbeitnehmer gewährleisten. Anpassungsbedarf wegen der erweiterten Auskunftspflichten • Mustertexte für Informationsschreiben sind neu zu fassen. • Das neue Erfordernis der „verständlichen“ Information stellt erhöhte Anforderungen an Klarheit und Eindeutigkeit des Inhalts aus der Perspektive des informierten Laien. Die Anpassung der Versorgungsregelungen wird oft die Beteiligung der Arbeitnehmer oder ihrer Vertretungen erfordern. In diesem Zusammenhang kann es sinnvoll sein, auch sonstige nicht mehr zeitgemäße oder nicht mehr rechtmäßige Regelungen zu aktualisieren. Neben der rechtlichen Umsetzung kann auch eine systemseitige Anpassung und eine Aktualisierung entsprechender Mitarbeiterkommunikationsinstrumente erforderlich sein. Schon deshalb sollten die dargestellten Schritte zeitnah angestoßen werden.