In Israel gab es bislang keine besonderen vertriebsrechtlichen Gesetze. Erstmals ist am 27.04.2012 ein eigenes Handelsvertreter-Gesetz (Nr. 5772-2012) in Kraft getreten: Eine englische Übersetzung finden Sie hier unter Israel Agency Contract Law.

Das Gesetz beruht auf der Annahme, dass die Beziehungen zwischen Handelsvertreter und Prinzipal regelmäßig ungleich, asymmetrisch ausgelegt sind. Diese Asymmetrie soll das Gesetz ausgleichen, also den Handelsvertreter schützen.

Dabei hat sich der israelische Gesetzgeber zumindest teilweise von der europäischen Handelsvertreter-Richtlinie 86/653/EWG inspirieren lassen. So ergänzt das Gesetz das allgemeine Vertragsrecht um besondere Regelungen zum Schutz des Handelsvertreters, z.B. zur Kündigung und zum Ausgleich bei Vertragsende. Insgesamt ist das Schutzniveau jedoch nicht so hoch wie nach deutschem Recht; zudem lässt das Gesetz noch einige Fragen offen. Dies zeigt unser Überblick über die typischen Regelungen zum Schutz des Handelsvertreters, im Vergleich zwischen dem israelischen Handelsvertreter Gesetz der europäischen Handelsvertreter-Richtlinie und den deutschen Regelungen in §§ 84 ff. HGB:

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Das israelische Handelsvertreter-Gesetz lässt diverse Fragen offen, insbesondere:

  • Was ist mit dem Vertrieb von Dienstleistungen, Immobilien oder immateriellen Gütern,etwa im E-Commerce / digitaler Vertrieb (das Gesetz spricht nur von „perceptible assets excluding real estate“)?
  • Was ist mit Informationsrechten des Handelsvertreters?
  • Was gilt beim Exklusivvertrieb?
  • Welche vertriebskartellrechtlichen Regelungen gelten?
  • Was gilt für Vertragshändler-, was gilt für Franchiseverträge-?
  • Was gilt für die Wahl von Recht und Gerichtsstand?

Gerade letzteres ist für ausländische Unternehmer interessant: Prinzipal und Handelsvertreter dürfen zwar nicht zulasten des Handelsvertreters vom Gesetz abweichen (Art. 6 des israelischen Handelsvertreter-Gesetzes). Allerdings lässt das Gesetz offen, ob man einfach ein anderes Recht (und ggf. parallel dazu einen anderen Gerichtsstand) wählen darf. Rechtsprechung dazu fehlt. Sprich: warum nicht das „eigene“, bekannte Recht ins Ausland mitnehmen – oder ein neutrales Recht wählen, etwa Schweizer Recht, das gerade in AGB mehr Freiheiten lässt (zu dessen Vorzügen und Möglichkeiten sehen Sie die Veranstaltung hier).

Praxishinweise:

  1. Für den Vertrieb im Inland (B2B) siehe unsere Frequently Asked Questions.
  2. Beim Vertrieb im Ausland sollte man bei Gestaltung der Vertriebsverträge überlegen, welches Recht gelten soll und es entsprechend vereinbaren. 
  3. Ist der Handelsvertreter außerhalb des EWR tätig, kann man deutsches Recht wählen und – ausnahmsweise – weitgehend von den strengen Handelsvertreter-Regelungen in §§ 84 ff. HGBAbweichendes regeln (vgl. § 92c Abs. 1 HGB). So kann man selbst bei Vertragsende den grundsätzlich anfallenden Ausgleichsanspruch abbedingen. Das gilt übrigens auch für Vertragshändler (vgl. unseren Newsletter vom April 2016 sowie Franke/Rohrßen, BGH: Kein wirksamer Vorab-Ausschluss des Vertragshändler-Ausgleichsanspruchs im EWR, in: IWRZ 2016, 125).
  4. Das jeweilige Recht im Land des Vertriebspartners kann Überraschungen bereithalten – das ist idealerweise vor Vertragsschluss zu klären. Ggf. lässt sich die Rechtswahl durch eine sie begleitende Schiedsvereinbarung abzusichern, zumal Schiedssprüche – anders als Urteile staatlicher Gerichte – international viel weiter anerkannt sind und vollstreckt werden können (sehen Sie hierzu unseren früheren Newsletter).