Der BGH hat sich in seiner Resistograph-Entscheidung (Urteil vom 09.11.2017 – I ZR 134/16) in einem obiter dictum zu der Frage geäußert, unter welchen Voraussetzungen ein Metatag, der für eine auf das Ausland ausgerichtete Internetseite gesetzt wird, geeignet wäre, eine Markenverletzung im Inland zu begründen.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Herstellerin von sog. Bohrwiderstandsmessgeräten, die insbesondere im Holzbau und in der Baumpflege verwendet werden. Sie ist Inhaberin der deutschen Wortmarke „RESISTOGRAPH“ unter der sie ihre Messgeräte bis zum Jahr 1999 auch über die Beklagten in den USA im dortigen Markt vertrieben hat. Unter der Domain www.i[...]resistograph.com bieten die Beklagten ihrerseits Bohrwiderstandsmessgeräte an. Die Preise auf der Webseite werden in US-Dollar ausgeschrieben. In der Rubrik „Company“ unter der Überschrift „Worldwide Network“ wird die Beklagte zu 2) neben einer deutschen Fahne genannt und als „Manufacturer“ bezeichnet. Dort wird für den weiterführenden Kontakt auf die deutsche Webseite www.i[...].de verwiesen. Unter der Rubrik „upcoming dates“ wird auf Fachmessen und Fachseminare in Deutschland hingewiesen, auf denen die Produkte der Beklagten vorgestellt werden.

Entscheidung des BGH

Der BGH hat mit dem Berufungsgericht einen Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG bejaht. Die Verwechslungsgefahr zwischen dem von der Beklagten benutzten Zeichen „I[…] RESISTOGRAPH“ und der Klagemarke „RESISTOGRAPH“ sei unschwer zu bejahen. Da der Internetauftritt in erster Linie auf das Ausland ausgerichtet sei, müsse gemäß den in der HOTEL MARITIME-Entscheidung des BGH (Urteil vom 13.10.2004 – I ZR 163/02) aufgestellten Grundsätzen für eine Markenverletzung in Deutschland ein wirtschaftlich relevanter Inlandsbezugs anhand einer Gesamtwürdigung der wirtschaftlichen Interessen des Zeicheninhabers auf der einen Seite und der Vermeidbarkeit der Beeinträchtigung dieser wirtschaftlichen Interessen für den Zeichenbenutzer auf der anderen Seite geprüft werden. Im Streitfall ergebe sich der Inlandsbezug daraus, dass der Internetauftritt der Beklagten kumulativ die folgenden Merkmale aufweist:

  • Die Internetseite der Beklagten nennt die Beklagte zu 2) neben der symbolischen Darstellung einer deutschen Fahne als „Manufacturer“.
  • Es wird auf die deutsche Webseite der Beklagten www.i[...].de als Kontakt der Beklagten in Deutschland verwiesen.
  • Die Beklagte weist unter „Upcoming dates“ in deutscher Sprache auf verschiedene Fachmessen und Fachvorträge hin, auf denen ihre Produkte in Deutschland präsentiert werden.

Im Übrigen spreche auch die Verwendung der Top-Level-Domain „.com“ eher für denn gegen einen relevanten Inlandsbezug; denn auch in Deutschland sei die Verwendung dieser „Top-Level-Domain“ gebräuchlich.

Obiter dictum

Im Ergebnis offen gelassen hat der BGH die Frage, ob ein wirtschaftlich relevanter Inlandsbezug auch durch die Verwendung eines in Deutschland als Markenzeichen geschützten Begriffs als Metatag auf einer im Ausland registrierten Webseite begründet werden kann. Das Berufungsgericht hatte diese Frage bejaht und die Markenverletzung unter anderem mit der Verwendung des Wortes „Resistograph“ als Metatag für die „.com“-Webseite der Beklagten begründet. Dieser strengen Ansicht ist der BGH entgegen getreten. Er stellt in einem obiter dictum klar, dass die Verwendung des Zeichens als Metatag im Ausland an sich nicht ausreichend ist, um einen Inlandsbezug herzustellen, da der Betreiber einer ausländischen Webseite, der dieses Zeichen in zulässiger Weise im Ausland und für ein ausländischen Publikum nutzt, nicht daran gehindert werden dürfe, auf diese Art die Auffindbarkeit seiner Webseite zu erhöhen.

Unzulässig könne eine Verwendung des Zeichens als Metatag jedoch dann sein, wenn die Beeinflussung der Trefferliste „der auf Deutschland ausgerichteten Suchmaschine“ keine unvermeidbare Nebenfolge der Verwendung des Zeichens als Metatag ist. Eine mögliche Haftung setze daher voraus, dass der Betreiber der Webseite durch die Gestaltung der Metatags gezielt Einfluss auf das Ranking der Suchergebnisse der auf Deutschland ausgerichteten Suchmaschine nehmen könne oder keine ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen treffe, um die Auffindbarkeit seiner Internetseite aus Deutschland auszuschließen oder zu erschweren. Hierzu hatte das Berufungsgericht jedoch keine ausreichenden Feststellungen getroffen, sodass der BGH die Entscheidung offen ließ.

Konsequenzen für die Praxis

Die Entscheidung ist insbesondere für die Betreiber von im Ausland registrierten Webseiten, die in größerem Umfang Suchmaschinenoptimierung betreiben, von Bedeutung.

Der BGH stellt klar, dass die Verwendung geschützter Marken auf im Ausland registrierten Webseiten als schlichte Metatags (content oder title-tags) für eine Verletzung deutscher Markenrechte nicht ohne weiteres ausreichend ist. Nach Ansicht des BGH könnte jedoch eine darüber hinausgehende, zielgerichtete Zeichenverwendung, die im Wege der Suchmaschinenoptimierung die im Ausland registrierte Webseite auch für auf Deutschland ausgerichtete Suchmaschinen attraktiv machen soll – wie die Verwendung von kostenpflichtigen AdWords oder Keywords – deutsche Markenrechte verletzten. Im Ergebnis führt diese vom BGH eröffnete Haftung wegen Unterlassung zu einer gewissen Rechtsunsicherheit: Welche möglichen zumutbaren Maßnahmen der Webseitenbetreiber ergreifen könnte, um die Auffindbarkeit einer Internetseite durch auf Deutschland ausgerichtete Suchmaschinen zu erschweren oder auszuschließen, lässt der BGH offen und bedarf weiterer Aufklärung. Ob überhaupt geeignete Maßnahmen denkbar sind, wurde weder vom BGH noch vom OLG thematisiert.