Im Vorfeld war vielfach das Ende der deutschen Zeitarbeit angekündigt worden. Aber die Katastrophe konnte abgewandt werden: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer grundlegenden Entscheidung festgestellt, dass die Zeitarbeitstarifverträge iGZ und BAP europarechtskonform und damit wirksam sind - und zwar unterschiedslos für unbefristete wie befristete Beschäftigungsverhältnisse. Damit ist klargestellt: Personaldienstleister können durch Anwendung der iGZ/BAP-Zeitarbeitstarifverträge weiterhin rechtswirksam von dem Gleichbehandlungsgrundsatz („Equal Treatment/Pay“) abweichen.
Hintergrund des Verfahrens, in dem das beklagte Zeitarbeitsunternehmen von TaylorWessing vertreten wurde, war die Klage einer Zeitarbeitnehmerin auf Equal Pay mit der Begründung, die Zeitarbeitstarifverträge verstießen gegen das in der EU-Zeitarbeitsrichtlinie postulierte Gebot der „Achtung des Gesamtschutzes“. Der EuGH hatte der Auffassung der Klägerin im Dezember 2022 zunächst weitgehend zugestimmt. Ein Zeitarbeitstarifvertrag müsse jede Abweichung von den Arbeits- und Entgeltbedingungen des Kunden „nach unten“ durch eine Besserstellung ausgleichen. Nur dann sei der Gesamtschutz gewahrt und der Tarifvertrag geeignet, den Equal-Grundsatz abzulösen.
Ganz überwiegend war die Fachliteratur der Auffassung, diese Anforderungen des EuGH würden die Zeitarbeitstarifverträge von iGZ und BAP nicht erfüllen. Allein die geringeren Entgelte würden eine Schlechterstellung beinhalten, die nicht ausgeglichen werde. Demgemäß war bereits die Unwirksamkeit der Tarifwerke ausgerufen und das Ende der deutschen Zeitarbeit eingeläutet worden.
Das BAG hatte nun die Vorgaben des EuGH in das deutsche Recht zu „übersetzen“. Dabei folgte das BAG der von TaylorWessing in Erfurt vorgetragenen Argumentation und stellte nach intensiver Debatte fest: Das deutsche System mit seinem Zusammenspiel aus den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere dem Garantieprinzip für verleihfreie Zeiten, und den tariflichen Regelungen wahrt den Gesamtschutz der Zeitarbeitnehmer. Gegen alle Stimmen im Vorfeld der Verhandlung konnte dies sogar unterschiedslos sowohl für befristet wie unbefristet beschäftigte Zeitarbeitnehmer durchgesetzt werden.
Mit der heutigen Entscheidung hat das BAG allen weiteren Klagen der sog. Däubler-Kampagne die Grundlage entzogen. Die Zeit der existenzgefährdenden Rechtsunsicherheit ist damit vorbei. Das deutsche AÜG und die Tarifwerke der Zeitarbeit sind europarechtskonform und finden daher weiterhin uneingeschränkt Anwendung.